https://www.myfonts.com/pages/closure-announcement-faq
Terrance Weinzierl - Designer Interview

Terrance Weinzierl

Terrance Weinzierl

Interview mit Terrance Weinzierl

Wie entdeckten Sie Ihre Leidenschaft für Schriftdesign?
Meine Leidenschaft für Schriften entstand während meines Grafikstudiums an der Grand Valley State University. Ich interessierte mich auch schon vorher für Typografie, aber in dieser Zeit habe ich mehr darüber gelernt und dieses Wissen trieb mich voran. So belegte ich im Jahr 2006 nebenbei einen erweiterten Typografie-Kurs. Meine Begeisterung wuchs und ich beschloss, das Projekt weiter zu verfolgen. Die Teilnahme an Workshops des Type Director’s Club, von TypeCon und AIGA steigerte mein Interesse für Schriften und meine Kompetenzen. Und wenn man dann noch Geschichte und Kalligrafie mit einbezieht, entdeckt man viele Epochen, die es sich lohnt zu studieren, auszuprobieren oder einfach Spaß daran zu haben.

Wie viele Schriften haben Sie bis jetzt entworfen?
Ich habe einige Einzelschriften entworfen, wie Romany™, JMC Engraver™ und Feldman Engraver™. Mehr als 90 Prozent meiner Arbeit betrifft Auftragsprojekte für diverse Monotype-Kunden. Außerdem hatte ich die Ehre, an Schriften wie Open Sans und Segoe UI sowie an Meisterwerken wie Helvetica® und Trade Gothic® für unsere Kunden mitzuarbeiten.

Ist Schriftdesign Ihre Hauptbeschäftigung? Welchen Beruf üben Sie neben dem Schriftdesign aus?
Ich arbeite in Vollzeit als Schriftdesigner bei Monotype. Besonders gern beschäftige ich mich mit illustrativen Schriften und Kalligrafie, um meine berufliche Praxis abzurunden. Einige Beispiele finden Sie auf meiner Website typeterrance.com.

Ich wollte eine Schrift mit Gill-Flair schaffen‚ die aber in ihren extremen Stärken harmonischer ist als Gill Sans und mit meiner persönlichen Note.

Was inspirierte Sie zum Entwurf der Joanna Sans Nova?
Ich wollte eine Schrift entwerfen, die die bereits umfangreichen Schriftbibliotheken von Monotype ergänzt. Eine Schrift, die vertraut und dennoch frisch wirkt. Mein Ziel war ein ausgewogener Mix aus Schlichtheit, Schönheit und Zweckmäßigkeit.
Schon immer bewunderte ich die Arbeit von Gill und fand, dass sich der schlichte, humanistische Charakter seiner Schrift Joanna® hervorragend für ein Serifen-Design eignete. Ich wollte eine Schrift mit Gill-Flair schaffen, die aber in ihren extremen Stärken harmonischer ist als Gill Sans® und mit meiner persönlichen Note. Ich glaube, ich habe sechs oder sieben verschiedene Kursiven ausprobiert, bevor ich die endgültige Richtung einschlug.
Die ursprüngliche Joanna hat sehr charakteristische Kursiven. Sie sind stark komprimiert und haben einen nur sehr geringen Neigungswinkel. Ich wollte eine Kursivschrift, die sich abhebt, aber auf andere Weise und in eine andere Richtung. Ich wählte die kursive Ausrichtung für die Details der Italic, weiter und stärker geneigt, was das Rendering erleichtert. Ich glaube, auch eine Joanna Sans Condensed Italic könnte attraktiv sein, mit der man den Kontrast zwischen der geraden und kursiven Variante des Originals nachbilden könnte. Damit werden wir uns bei einem zukünftigen Update beschäftigen.
Ursprünglich spielte ich mit der Idee, die ganze Schriftfamilie Joanna zu überarbeiten oder eine Sans-Version zu entwerfen. Am liebsten hätte ich eine Sans und eine Serif gleichzeitig entworfen, aber das hätte bei der wenigen Zeit, die ich für Einzelarbeiten hatte, wesentlich länger gedauert.
Ich war begeistert, als Ben Jones die Joanna® Nova aufgriff. An den Prototypen sah ich, dass die Sans spannender, herausfordernder, aber auch flexibler in der Ausführung war. Mit der Arbeit daran verbrachte ich die folgenden drei Jahre, mit kurzen, intensiven Arbeitsphasen zwischen anderen Projekten.

Haben Sie sich bei dem Entwurf von anderen Schriften beeinflussen lassen?
Ja, Eric Gill beeinflusste meine Arbeit stark, da Joanna® Sans Nova eine Art Destillat aus Joanna und Gill Sans® ist. Außerdem inspirierten mich Schriften von Adrian Frutiger, wie Frutiger® und Avenir®, sowie weitere zeitgenössische Arbeiten wie FF Meta® und FF Scala®.

Welche Techniken nutzten Sie bei der Realisierung Ihrer Schrift und wie gestaltete sich der Design-Prozess?
Zuerst analysierte und verglich ich die Schriften der Joanna. Ich untersuchte ihre Maße, Kontraste, Details und viele andere Design-Aspekte, die ich optimieren oder überarbeiten könnte. Ich arbeitete an der Regular, bis ich einen weitestgehend soliden Entwurf hatte, dann entwarf ich die anderen Schriftstärken wie Bold und Black und abschließend Thin. Die gesamte Arbeit war ein schrittweiser Prozess, bei dem ich wiederholt die Ergebnisse am Bildschirm und mit Laserdrucken testete. Für weitere Proben zeichnete ich manchmal Ideen für Details mit dem Bleistift und kehrte dann zur digitalen Bearbeitung zurück. Zeitweise musste ich die Arbeit für einige Wochen unterbrechen, während ich mit anderen Projekten beschäftigt war und das erwies sich als wirklich nützlich. In diesen Pausen konnte ich meine Ideen überdenken und sah meine Arbeit danach aus einem neuen Blickwinkel. Insgesamt benötigte ich drei Jahre, um Joanna Sans Nova fertigzustellen.

Eine Sans-Interpretation von einer so bedeutenden Schrift wie Joanna zu realisieren‚ war ein wirklich schwieriger Prozess.

Welche war die größte Herausforderung, mit der Sie sich bei der Gestaltung der Joanna Sans Nova konfrontieren mussten?
Eine Sans-Interpretation von einer so bedeutenden Schrift wie Joanna zu realisieren, war ein wirklich schwieriger Prozess. Wie viel von dem Design soll man ändern? Ändert man zu viel, fragt man sich, ob das Ergebnis noch den Namen Joanna Sans tragen darf. Und, wie viel von meiner Persönlichkeit und meinem individuellen Geschmack sollte ich einbringen? Auf Fragen wie diese gibt es keine richtige oder falsche Antwort. Aus technischer Sicht war es schwierig und aufwändig, bei den extremen Stärken wie Thin und Black die Proportionen und Laufweiten korrekt zu bemessen, aber ich glaube, am Ende ist mir das gut gelungen.

Joanna Sans ist eine warme‚ geschmeidige‚ humanistische Sans mit kalligrafischer Optik und Fluidität.

Wie würden Sie den Stil Ihrer Schrift beschreiben?
Joanna Sans Nova entstand ursprünglich als Sans-Serif-Variante zu Eric Gills Egyptienne Joanna von 1937, einer typischen Buchschrift von Monotype. Bei ihrer Entwicklung erwies sich Joanna Sans Nova als unabhängiger von der ursprünglichen Serifenschrift. Sie behält die Anziehungskraft des Modernismus des 20. Jahrhunderts bei, wurde aber für moderne Anwendungen verfeinert. Sie hat beispielsweise noch immer den Charme einer Gill-Schrift, in ihr Design wurden aber auch Aspekte wie Konsistenz und Nutzbarkeit einbezogen. Sie ist eine warme, geschmeidige, humanistische Sans mit kalligrafischer Optik und Fluidität.
Die Kursivschrift von Joanna Sans Nova ist ausdrucksstark, markant und wirkt mit ihren Handschrift-inspirierten Details lebendig. Die fließenderen Details der Kursiven stehen in einem ansprechenden Kontrast zur soliden Roman, sie sind nicht untergeordnet, sondern eine harmonische Ergänzung.
Die kalligrafischen Details und Zierelemente verleihen Eleganz, wenn sie als Akzidenzschrift für Überschriften verwendet wird, und die geringen Strichkontraste steigern ihre Zweckmäßigkeit bei Druck- oder Bildschirmanwendungen in kleineren Formaten. Sie eignet sich sowohl für den Druck als auch für das Web.
Dank der enthaltenen Ligaturen, Mediävalziffern und Kapitälchen kann sie auch für komplexere typografische Projekte eingesetzt werden. Außerdem bietet sie eine zeitgemäße Anzahl von Schriftstärken von Thin bis Black, alle mit perfekt passenden Kursiven.

Probieren Sie Joanna Sans Nova anstelle anderer humanistischer Sans wie Gill Sans, Myriad®, Frutiger, Interstate oder ITC Johnston™ aus. Joanna Sans passt zu Schriften mit Übergangsserifen wie Joanna Next, ITC New Baskerville®, Georgia® Pro oder ITC Charter®.
Ebenfalls interessant sind Kombinationen mit Schriften von Gill, wie ITC Golden Cockerel™, der ursprünglichen Joanna oder Perpetua®.

Ich finde‚ Joanna Sans Nova hat eine gewisse schlichte Eleganz‚ die sich perfekt für Magazine und Veröffentlichungen‚ aber auch für Verpackungen eignet.

Für welche Anwendungen (Poster, Text, Zeitungen, Werbung usw.) würden Sie Ihre Schrift empfehlen?
Im Hinblick auf die möglichen Verwendungszwecke habe ich Joanna Sans Nova so flexibel wie möglich gestaltet.
Ihr Textkörper ist größer als jener der ursprünglichen Joanna, die für den Buchdruck entworfen wurde. Somit hat sie auch eine größere x-Höhe, was die Bildschirmdarstellung optimiert. Aufgrund ihrer geerbten humanistischen Proportionen ist sie erstaunlich komfortabel bei längerem Lesen.
Der geringe Kontrast sorgt für gute Lesbarkeit in kleinen Formaten und kann in Überschriften sehr aktuell wirken. Die kalligrafisch inspirierten, fließenden Details verleihen in Überschriften ebenfalls Ausstrahlung, besonders die Kursiven. Ich finde, Joanna Sans Nova hat eine gewisse schlichte Eleganz, die sich perfekt für Magazine und Veröffentlichungen, aber auch für Verpackungen eignet. Außerdem habe ich Zeichen für komplexere typografische Projekte hinzugefügt, wie Kapitälchen und Mediävalziffern.
Dies, in Kombination mit der zeitgemäßen Auswahl an Schriftstärken, trägt dazu bei, den verschiedensten typografischen Anforderungen gerecht zu werden.

Welche sind die einzigartigen Details, die diese Schrift Ihrer Meinung nach charakterisieren?
Die abgeschrägten Details (diagonale Abschlüsse) der Großbuchstaben sowie der Ober- und Unterlängen. Diese erschienen in einigen der Originalskizzen von Gill für Gill Sans, wurden dann aber aus dem Entwurf gestrichen, obwohl sie kein ungewöhnliches Designelement für humanistische Schriften waren. Diese Details gleichen sich mit abnehmender Schriftgröße optisch an, verleihen aber einen gewissen Charme und lassen die Buchstaben in größeren Formaten interessant wirken.
Ich wollte eine Schrift mit dem Flair des Werks von Eric Gill schaffen, dabei jedoch dessen Exzentrizität etwas abschwächen. Mit geringerem Neigungswinkel und breiteren Kursiven, was besser zu den typografischen Umgebungen der Gegenwart und Zukunft passt. Außerdem sehen ihre stärkeren Schriftstärken nicht zu sehr nach Art Deco oder Cartoon aus, wie bei Gill Sans® Ultra Bold.
Etwas von der Gill-DNA ist in dem großen „R“ und „Q“ sowie in den Ziffern erhalten geblieben, aber auch in den Kleinbuchstaben „g“, „k“ und „r“.

Aus welchem Grund haben Sie der Schrift diesen Namen gegeben und was bedeutet er?
Das liegt auf der Hand, Joanna Sans Nova ist ein serifenloses Pendant oder eine Art Sans-Schwester von Eric Gills Egyptienne Joanna. Ich habe sehr gründlich und hart gearbeitet, um zu gewährleisten, dass sie dem Namen Joanna Sans Nova würdig ist, ohne nur eine einfallslose Umgestaltung der Serife zu sein.

… Joanna ist eine Art Destillat des Werks von Gill‚ mit verfeinerten‚ kalligrafischen Elementen der Perpetua und robusten Details der Gill Sans.

Gibt es noch etwas, das Sie über Ihre Schrift gern sagen würden?
Ich finde, Joanna ist eine Art Destillat des Werks von Gill, mit verfeinerten, kalligrafischen Elementen der Perpetua und robusten Details der Gill Sans. In gewisser Weise ist Joanna Sans die Vermählung seiner humanistischen und mechanistischen Ansätze.
Unvollständiges Literaturverzeichnis der für die Gestaltung von Joanna Sans verwendeten Referenzmaterialien:
Harling, Robert. The Letter Forms and Type Designs of Eric Gill. Oxted, England: Princeton Architectural Press (1979).
Peace, David. Eric Gill: The Inscriptions. Oxted, England: The Herbert Press Limited, 1994.
„Eric Gill.“ The Monotype Recorder. [England] Vol. 41 No. 3, 1958.