Gottfried Pott – Einblicke in die Welt der Kalligraphie
Die Entwicklung der letzten 15 Jahre wurde auch von einem wachsenden Interesse der Industrie an der Schrift begleitet. Werkzeuge, Papier, Farben und sonstige Materialien stehen heute in einer Auswahl zur Verfügung, wie dies zuvor kaum denkbar gewesen wäre. Leider lassen die im Fachhandel angebotenen nachfüllbaren Federhalter in punkto Elastizität immer noch sehr zu wünschen übrig. Vor einigen Jahren hatte man nur ein mildes Lächeln für diejenigen übrig, die noch eine Schreibfeder in die Hand nahmen. Heute setzen viele Schrifthersteller nicht selten die kalligraphische Anmutung von Schriften in ihren Software-Programmen ein. Die Befreiung vom Schriftkegel hat uns ungeahnte Möglichkeiten, aber auch Gefahren für die Schriftkultur gebracht. Zwar wächst die Zahl der Schriftinteressierten, aber der allgegenwärtige Umgang mit den elektronischen Medien erschwert häufig den Zugang zur Form der Schrift. Schriftgefühl bildet sich durch das Schreiben. Ich bin mit vielen Kollegen der Meinung, daß eine intensive Auseinandersetzung mit der Feder, das Formgefühl und die Sensibilität auf einzigartige Weise und kaum ersetzbar vermittelt. Das Repertoire unserer Schriftgeschichte gleicht einer nicht versiegenden Inspirationsquelle. Dabei ist das Kopieren nicht das Ziel, so nötig es ist. Es gehört sogar zur Basisübung, um zu einer eigenschöpferischen Interpretation zu gelangen. Das Spektrum der Betätigung reicht von der freien schriftkünstlerischen Arbeit bis zur angewandten Tätigkeit im Typedesign, in der Werbung, in der Buchgestaltung, usw. Ich sehe im Computer eine Erweiterung der Werkzeugpalette. Traditionelles Schreiben und moderne Computertechnik ergänzen sich.