Adrian Frutiger

Im Blei habe ich die Schrift und ihre Fähigkeit, mit immer denselben Lettern die ganze geistige Welt lesbar werden zu lassen, zuerst erlebt. Damit erwachte in mir das Bedürfnis, die bestmögliche Lesbarkeit zu entwickeln. – Schnell kam die Zeit, in der ein Text nicht mehr mit Bleibuchstaben, sondern durch einen Lichtstrahl gesetzt wurde. Die Aufgabe, die Schriften der alten Meister vom Hoch- in den Flachdruck umzudenken, war für mich die beste Schule. Als es jedoch um den Grotesk-Stil ging, hatte ich meine eigene Vorstellung: es enstand die Univers-Familie. Die technischen Fortschritte gingen rasch voran. Die elektronische Bildübertragung brachte die Verzackung und später die Vektorisierung der Umrisse. Für mein Formengefühl war das eine Leidenszeit. Doch heute, mit Kurvenprogrammen und Laserbelichtung, scheint mir, dieser Weg durch die Wüste sei zu Ende gegangen. –
Aus allen diesen Erfahrungen habe ich als Wichtigstes gelernt, daß Lesbarkeit und Schönheit ganz nahe beieinander stehen und daß die Schriftgestalt in ihrer Zurückhaltung vom Leser nicht erkannt, sondern nur erfühlt werden darf. Die gute Schrift ist diejenige, die sich aus dem Bewußtsein des Lesers zurückzieht, um den Geist des Schreibenden und dem Verstehen des Lesenden alleiniges Werkzeug zu sein.

Mit unserer Stichwortsuche für ‚Frutiger’ finden Sie alle Schriften von Adrian Frutiger, die in der Linotype Library enthalten sind.
Adrian Frutiger verstarb am 10. September 2015 im Alter von 87 Jahren in Bremgarten. Hier können Sie unseren Nachruf lesen.