Hermann Zapf Statement

Ein Rückblick auf seine Karriere – ein persönliches Statement von Hermann Zapf!

Hermann Zapf
Anläßlich seines 90. Geburtstages schrieb Hermann Zapf ein Statement, das er Ihnen nicht vorenthalten möchte! Er blickt auf den Start seiner Karriere zurück, beschreibt, wie er mit dem Schrift-Design begann und berichtet über die jahrelange Zusammenarbeit mit Linotype, die bereits vor 70 Jahren begann …
70 Jahre bei Linotype, das ist eine lange Zeit, so lange hält es normalerweise niemand bei einer Firma aus. Aber vielleicht war es mein Glück, dass ich immer ein freier Mitarbeiter war, kein Angestellter der Linotype GmbH, auch nicht der Schriftgießerei Stempel AG in Frankfurt oder der Mergenthaler Linotype Company in Brooklyn. Mag sein, daß man mich unter diesen Umständen immer recht nett behandelte, obwohl wir manchmal unterschiedliche Auffassungen hatten, wenn Alphabete für die verschiedenen Fotosetzsysteme der Linotype umzuzeichnen waren.
Eigentlich wollte ich ursprünglich gar kein Schriftentwerfer werden. Jedoch wegen der Probleme meines Vaters 1933 mit den neuen Machthabern in Deutschland durfte ich nicht Elektrotechnik am Ohm-Polytechnikum in Nürnberg studieren, was ich eigentlich immer wollte. Statt dessen verlangte man eine vierjährige Lehrzeit und so wurde ich Retuscheur in einer graphischen Kunstanstalt, gewissermaßen als letzter Ausweg.
Eine Ausstellung von Rudolf Koch 1935 in Nürnberg erweckte mein Interesse an Schrift. Auch der Besuch einer Kunstschule wurde mir in den 30er Jahren nicht erlaubt und so blieb mir einfach nichts anderes übrig, als Schriftschreiben nach Büchern von Rudolf Koch und Edward Johnston allein zu lernen.
Die „Gilgengart-Fraktur” war ursprünglich eine Handschrift von mir von der „Chronik von Oberursel”, jedoch Skizzen für eine Fraktur machte ich schon vorher. Diese Schrift hatte leider das Pech in das Verbot aller Frakturschriften während des Krieges im Jahre 1941 zu geraten und die Fertigung von Linotype Matrizen wurde daraufhin eingestellt. Den Krieg überstand ich in einer kartographischen Spezialeinheit in Frankreich.
Ich habe alle Techniken der Schriftherstellung durchgemacht. In den 50er Jahren den klassischen Bleisatz mit der Hand, dann die präzisen Vorlagen für die verschiedenen Systeme des Fotosatzes und seit einigen Jahren die Aufbereitung von Buchstaben als digitale Wiedergabe. (Alles ist ausführlich beschrieben in meiner Veröffentlichung „Alphabetgeschichten” der Linotype GmbH und dem Rochester Institute of Technology aus dem Jahr 2007).
Ähnlich meiner Zusammenarbeit mit dem berühmten Stempelschneider August Rosenberger in Frankfurt, der meine ersten Schriften, wie die „Gilgengart”, die „Palatino®” und die „Optima®” noch mit der Hand in Metall schnitt, habe ich das Glück, seit einigen Jahren bei der Linotype Akira Kobayashi für die heutige digitale Umsetzung meiner Schriften zu haben, darunter solch verrückte Alphabete wie die „Zapfino®” etc. Froh bin ich auch, dass ich noch keine zittrige Hand habe, noch immer kann ich Buchstaben in 1 Millimeter Größe mit dem Spitzpinsel zeichnen.
Aber auch den anderen prächtigen Mitarbeitern bei der Linotype in der Technik und im Marketing habe ich den Erfolg meiner Schriften in den vergangenen 70 Jahren bei der Linotype GmbH zu verdanken. Sie werden in Schriftproben überhaupt nie erwähnt, denn eigentlich sind Druckschriften immer Teamarbeit.

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